Das Plakat-Problem
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Geschrieben von Hank Zerbolesch
22.10.2025
Ich bin ein großer Freund von Veranstaltungen. Konzerte, Lesungen, Ausstellungseröffnungen – was auch immer die Laune hebt, ich bin dabei. Allerdings lieber auf der machenden, auf der veranstaltenden Seite. Ich hab mehr Spaß am ausdenken und umsetzen, als daran, mich zwischen Menschen zu stellen, die ich nicht kenne, und mir deren Gequatsche anzuhören, dass der Typ da auf der Bühne aber ganz schön alt geworden ist. (Dich hat die Zeit auch nicht links liegen lassen, du kleiner Hosenscheißer.) Ich bin lieber aktiv als passiv, lieber machend als guckend. Und ein Teil dieses Machens, ist das Verteilen von Flyern und Plakaten. Und weil das an sich eine langweilige bis erniedrigende Arbeit ist, hab ich mir über die Jahre eine Art Plakatierungs-Workflow (PW) erarbeitet. Dieser PW zündet in mehreren Stufen. Und damit ihr mein Dilemma versteht, erklär ich euch die einmal Stück für Stück.
Stufe 1: Die Vorbereitungen. Sind die Plakate da? Hab ich zum Plakat passendes Gaffa? Wo sind die Flyer? Wie viele Leute kommen mit? Wie ist die Route? Wie viele Büdchen liegen auf dem Weg? Wie ist das Wetter? Brauch ich Handschuhe? Einen Schal? Durch welche Viertel ziehen wir? Brauch ich einen Teleskop(schlagstock)? Hab ich die wichtigen Dokumente aus meinem Portemonnaie genommen? Und wenn alle diese Vorbereitungen abgeschlossen sind, dass geht es los, dann zündet …
Stufe 2: Die beginnt meistens in irgendeiner Bar im Luisenviertel. Das Luisenviertel ist so eine Art Ausgehmeile. Wer in Wuppertal was erleben will, der stellt sich entweder mit einer Dose Paderborner Pils auf den Berliner Platz, oder der geht, wenn er wohlhabender ist, ins Luisenviertel. Und weil ich zwar nicht wohlhabend bin (eine Art Berufsrisiko), aber will, dass auch die wohlhabenden zu meiner Veranstaltung kommen, fangen wir genau hier an, Plakate und Flyer unter die Leute zu bringen: Willkommen im Luisenviertel. Hier ziehen wir durch die Kneipen – wir, das sind ich und zwei Mitstreiter – bestellen an jeder Bar ein Bier und fragen dann, ob wir ein Plakat aufhängen dürfen, natürlich, da hinten, ihr kennt das ja. Aus Platzmangel überkleben wir dann ein Plakat von einer viel langweiligeren Veranstaltung als unserer (hehe), trinken unser Bier, quatschen das Thekenpersonal voll („Hier, der Flyer, steck den mal ein, beste Veranstaltung der ganzen Stadt!“) und ziehen dann weiter. Das Prozedere wiederholen wir so lange, bis wir uns durch Luisenviertel hindurchgesoffen haben – und dann zündet …
Stufe 3: Hier sind wir so betrunken, dass alles egal ist. Ordnungsgeld bei Wildplakatierung: egal. Bitte keine Werbung einwerfen-Schilder an den Briefkästen: egal! Leute, die sich körperlich dagegen wehren, dass du ihnen Flyer in die Taschen steckst: EGAL! Aber das alles ist kein Akt betrunkener Halbstarker, nein, es ist ein Ausruf der Überzeugung, dass das, was wir da schaffen, dass unsere Veranstaltung, das die so gut und so unterhaltsam ist, dass du das sehen musst! Dein Leben wird ein anderes, ein besseres, wenn du am soundsovielten um soundsovielte Uhr an diesem einen Ort sein wirst. Das ist das erklärte Ziel aller Stufen des PW.
So. Und jetzt Goslar. Ich hab das versucht. Ich hab Stufe 1 gezündet und durchgezogen. Und vielleicht war es schon ein schlechtes Omen, dass ich das alleine gemacht hab. Vielleicht hätte ich an dem Punkt schon merken müssen, dass mein PW hier so nicht anwendbar ist. Aber weil Aufgeben keine Option ist, hab ich Stufe 2 gezündet, und dann passierte folgendes:
Nichts. Zwei Plakate hab ich untergebracht bekommen, zwei Stück. Und in einer Bar, da sagte mir der Kellner, dass ich Ende der Woche nochmal vorbei kommen könne, da ist dann der Chef da, so zwischen 17 und 17:30 Uhr, den könnte ich mal fragen, bestimmt macht der das. Ich dachte kurz, dass ich doch bloß ein Plakat aufhängen, und nicht den scheiß Laden neu einrichten wollte – aber dann warf ich meinen PW über Bord, setzte mich an den Tresen, bestellte mir das schnellste Getränk, steckte mir eine Zigarette an und soff mich einfach durch zu Stufe 3. Und während ich da so saß dann und trank, dachte ich, dass ich doch diesen Blog hier habe. Dass ich das nutzen muss! Darum hier für euch:
Wer: Hank Zerbolesch (ich) und Tobi Katze
Was: Live-Literatur-Podcast „Die zweite Fassung“
Wann: Freitag, 24.10.2025, 19:30 Uhr
Wo: Hof-Forum, Goslarsche Höfe
Wieviel: Eintritt frei, Spenden sind willkommen
Euer Leben wird ein anderes, ein besseres, wenn ihr am Freitag um 20 Uhr in den Goslarschen Höfen sein werdet. Isso.