Klosterkrimi am Montag

Allein zu Haus. Szenen von lauter Musik und dem Gefühl von absoluter Freiheit gehören wohl eher in die Teenagerzeit. Ein Bad mit Meditationsmusik, Ruhe und das Tanzen im Flur zeigt: die WG gehört nur mir! Aber so allein in einem großen Haus zu wohnen, einem ehemaligen Kloster am Rande der Stadt, damit wird doch anderes Kopfkino ausgelöst.

Geschätzte Lesezeit: 7 Min

Geschrieben von Marie-Luise Eberhardt

*Die nachfolgenden Protagonist*innen sind frei erfunden, eine Verbindung zur Realität ist möglich, aber unwahrscheinlich.

Noch ehe sie die erste Nacht in ihrer neuen Bleibe verbracht hatte, wurde sie gewarnt: Die Geister würden abends kommen, setzten sich in den Flur und ließen zu gern Putzutensilien fallen oder öffneten Türen. Es wurde dunkel, aber im Haus blieb alles ruhig. Ab und an waren leise Schritte zu hören, über ihr auf dem Dachboden. Ein Marder? Oder ein anderes Tier. Nichts beunruhigendes.

Nach den ersten Stunden Schlaf wachte sie von den Schreien auf.

"Ich bring dich um!"

Auf der Straße vor dem Haus waren laute Männerstimmen zu hören. Sie konnte nicht genau hören, ob da wirklich jemand in Gefahr war. Oder waren sie nur auf Alk und Koks? Schlaftrunken stand sie auf, versuchte die Männer durch das Fenster zu sehen. Nichts. Sie ging in das andere Zimmer, aber auch von da, konnte sie nichts erkennen. Die Stimmen entfernten sich und sie schritt zurück zum Bett. Von Geistern war keine Spur.

Am nächsten Morgen, es war nun Dienstag, war der Schreck der Nacht vergessen, bis der Herd nicht mehr funktionierte. Ja auch der Kühlschrank war ausgeschaltet. Hatten die Geister ihr Unwesen getrieben? Sie kontrollierte den Stromkasten. Nichts. Plötzlich war der Strom wieder da. So etwas nannte sich wohl Stromausfall. Später hörte sie auch von anderen Menschen, die um das Kloster wohnten davon. Es gab demnach keinen Fluch. Nur Zufälle, die ihre erste Nacht ein wenig, nun ja, sonderbar gemacht hatten.

Die nächsten Tage war alles in bester Ordnung, keine Ruhestörung in der Nacht, kein erneuter Stromausfall und auch keine Geister, die Stühle umfallen ließen oder ihre Jacken herunter warfen.

Aber genau eine Woche nach ihrer ersten Nacht passierte etwas, ja Sonderbares. Sie wollte gerade schlafen gehen, lief über den Flur ihrer Wohnung und erstarrte: denn vor ihrer Wohnungstür brannte Licht. Warum war der Bewegungsmelder angegangen? Sie blieb stehen, lauschte. Nichts. Kein Geräusch war zu hören. Sie lief in ihr Schlafzimmer und drehte den Schlüssel der Zimmertür um. Durch das Fenster konnte sie das Licht schräg gegenüber sehen. Aber da war nichts zu erkennen, keine Gestalt oder etwas. Wenig später erlosch das Licht und sie dachte sich nichts dabei.

Zwei Wochen später, es war ein Montagnachmittag, saß sie am Küchentisch und schrieb an einem Text. Sie schaute aus dem Fenster und erschrak. Auf dem Stück Stadtmauer auf gleicher Höhe gut zwei Meter entfernt, saßen zwei schwarz gekleidete Gestalten. Das Gesicht des Einen war blutverschmiert. Die andere Person konnte sie nicht genau sehen. Hatten die beiden nicht bemerkt, dass sie hier unweit entfernt saß? Der Blutverschmierte hatte seinen Arm um die andere Person gelegt, diese verbarg ihr Gesicht in den Händen. Was war passiert? Eine Prügelei, Kummer oder waren Drogen im Spiel? Der Arm der Person hing so schlaff. Konnte sie helfen? Das Blut sah doch ziemlich nach Bemalung aus. Andererseits warum schmiert sich ein Typ Blutfarbe ins Gesicht? Sie versuchte sich wieder auf ihren Text zu konzentrieren. Als sie das nächste Mal aufschaute, waren die beiden verschwunden.

Drei Wochen später, es war wieder Montagabend saß sie in der Küche und aß Lasagne mit fleischlosem Hack. Musik lief, alles schien friedlich. Plötzlich war ein lauter Knall im Haus zu hören, daraufhin Stimmen und Musik. Sie hatten mit Gewalt eine Tür aufgedrückt. Eindeutig! Sie konnte die Wörter nicht genau verstehen und ging näher an die Wohnungstür. Die Stimmen klangen grölend, alkoholisiert, fast schon sich gegenseitig aufstachelnd? Normalerweise war zu der Uhrzeit kein Mensch im Haus. Die Reinigungskraft kam zwei Stunden früher. Waren sie tatsächlich eingebrochen? Was hatten sie vor? Und wussten sie, dass sie hier wohnte?

Und wussten sie, dass sie hier wohnte?

Herzklopfend schlich sie zurück in die Küche und griff zu ihrem Telefon. Die Vermieterin würde ja wissen, ob eine Veranstaltung im Haus war? Keine Antwort. Sie wählte die Nummer einer Freundin. Diese meldete sich zum Glück. Unsicher, ob sie übertrieb, schilderte sie der Freundin die Situation. Die Schritte der Personen kamen näher an ihre Wohnungstür heran, zum Glück hatte sie eben noch den Schlüssel umgedreht. Sie flüsterte weiter am Telefon. Die Freundin riet ihr nicht vor die Tür zu gehen, sondern die Polizei zu rufen und legte auf. Sie lauschte nochmal an der Tür: die Stimmen waren immer noch zu hören, aber wieder entfernter.

Sie wählte die 110 und erklärte abermals die Situation dem Polizisten. Der fragte nach der Adresse und meinte, dass ein Wagen vorbei kommen würde. Wann wollte sie noch fragen, aber da war das Gespräch schon beendet. Die Stimmen kamen wieder näher, es klang als suchten sie etwas. Plötzlich klingelte ihr Telefon laut. Ob die Personen, sie gehört hatten? Schnell nahm sie das Gespräch an. Bloß keine lauten Geräusche! Es war ihre Freundin, die tatsächlich schon im Auto saß und zu ihr fahren wollte. Sie wollte draußen auf die Polizei warten und ihnen den Eingang zeigen. Minuten zogen sich wie Stunden. Die Polizei kam nicht. Dafür aber die Freundin. Sie konnte sie draußen sehen und bewunderte ihren Mut. Sie schilderte ihr, dass die ganze Etage neben der Wohnung hell erleuchtet war, aber keine Personen zu erkennen waren. Mysteriös. Die Freundin lief zu den verschiedenen Eingängen, die ganze Zeit am Telefon mit ihr verbunden. Wo blieb die Polizei? Die Schritte und Stimmen kamen wieder näher zur Wohnung. Die Freundin konnte keine offene Tür sehen, auch ein Fenster stand nicht offen. Was war da los? Die Stimmen waren nicht mehr zu hören, auch die Lichter in den anderen Räumen des ehemaligen Klosters erloschen. Es wurde wieder ruhig im Haus. Nur der Klumpen in der Brust blieb. Ihre Freundin sah wie eine Gruppe von Menschen mit großen Säcken aus der Tür auf der anderen Seite des Gebäudes kamen.

Sie verschlossen die Tür hinter sich. Die Freundin lief zu der Gruppe und fragte, was diese im Haus gemacht hatten. Am Telefon gebannt, hörte sie wie eine tiefe Frauenstimmen ihrer Freundin antwortete und von einer großangelegten Reinemachaktion erzählte.

Da öffnete sie leise die Tür und ging die Treppen herunter zu ihrer Freundin. Die Angst stand noch in ihrem Gesicht, aber sie lächelte tapfer und versuchte zu scherzen. Endlich hatte der Spuk sein Ende.

In der Nacht schlief sie unruhig, plötzlich wurde sie vom lauten Klingeln ihres Telefons geweckt. „Hier spricht die Polizei. Sie hatten uns gerufen?“

Zurück